Donnerstag, 26. April 2012

Leserbrief

Joseph Joffes Betrachtungen vom 19. 04. 2012 Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen vom Handelsblatt! Als ich den heutigen Kommentar von JJ auf der letzten Seite Ihrer von mir überaus geschätzten Zeitung las, fiel mir etwas ein. Und zwar der Leitartikel, den JJ zu Beginn des Irakkriegs in der ZEIT veröffentlichte. Sinngemäss hat JJ damals erklärt, dass Deutschland die Schande, sich NICHT an der Kriegskoalition gegen Irak beteiligt zu haben, in vielen Jahren nicht gutmachen werde. Realpolitik konnte damals freilich argumentieren, dass Deutschland ohne die Bündnispartner USA und England (ohne "den Westen") auf einem gefährlichen Sonderweg sei. JJ deutete überdies ein moralisches Versagen an, das er der Regierung Schröder/ Fischer in schroffer Form vorwarf. Hinterher sind wir schlauer. Es gab keine WMDs im Irak. Neben dem erwünschten Resultat, der Eliminierung eines der Grausamkeit fähigen Diktators, traten unerwünschte Kosequenzen ein. Die Vernichtung der Streitkräfte des Irak machte den Iran zur regionalen schhiitischen Dominante. Eine schiitische Brücke vom Iran über Irak und Syrien bis in den Libanon realisiert sich in unseren Tagen. Diese Allianz zwingt die Sunniten ihrerseits zu einem Zusammenschluss: Die Türkei baut vor unseren Augen ihr altes Kalifat wieder auf. Zwei gigantische Machtblöcke marschieren gegeneinander auf. Dazwischen das kleine Israel, das von keinem dieser Machtblöcke Unterstützung zu erwarten hat. Realpolitisch lag wohl Joschka Fischer so ganz falsch nicht, als er Colin Powell in der UNO sein berühmtes "I am not convinced" entgegen schleuderte. Dennoch hat Ihr Gastautor JJ bis heute niemals (soweit ich weiss) ein Wort der Selbstkritik geäussert; und in dem heutigen Leitartikel schmäht er Joschka Fischer neuerdings: Als zynischen Heuchler. Ist es so, wie ich sage? Habe ich recht oder unrecht? Mit einem freundlichem Gruss von Ihrem Sie hochachtenden und hochschätzenden Leser - Michael Molsner